Verwertungsrisiko bei E-Autos

Finanzierung
12.09.2024

 
Wir haben bei Porsche Bank, Raiffeisen Leasing und vibe nachgefragt, wie es um das Verwertungsrisiko von E-Autos steht.
Daniel Hammer, Head of Operations von vibe
Daniel Hammer, Head of Operations von vibe

Nur die wenigsten Unternehmen und Privatpersonen finanzieren ein Elektrofahrzeug mit Eigenmitteln. Dafür erlebt seit einiger Zeit das sogenannte Auto-Abo einen regelrechten Hype. Insbesondere Unternehmen, die ihre Fahrzeugflotte möglichst flexibel halten wollen, springen darauf an. Doch egal, ob sich ein Kunde für Operating Leasing, Restwertleasing oder Auto-Abo entscheidet, die monatlichen Kosten bestimmt neben Anschaffungspreis, Nutzungsdauer und Laufleistung auch der zu erwartende Restwert des Fahrzeuges, den der Finanzierer seiner Kalkulation zugrunde legt.

Renato Eggner, Geschäftsführer Raiffeisen-Leasing Fuhrparkmanagement
Renato Eggner, Geschäftsführer Raiffeisen-Leasing Fuhrparkmanagement

Schwierige Kalkulation

Renato Eggner, Geschäftsführer Raiffeisen-Leasing Fuhrparkmanagement, ist überzeugt: „Die möglichst treffgenaue Kalkulation von Restwerten für E-Fahrzeuge ist natürlich nicht einfach, da bei diesen der technische Fortschritt schneller als bei Verbrennern voranschreitet und überdies die Neuwagenpreise eher fallen werden. Aber auch bei KFZ mit Verbrennungsmotor ist eine mittel- bis langfristige Prognose aufgrund der Ungewissheit über ein mögliches künftiges Verbot nicht mehr so einfach. Die Haltbarkeit der Antriebsbatterien ist kein Problem, da für diese zumeist acht Jahre Herstellergarantie besteht und auch der Kapazitätsverlust faktisch viel niedriger ist als ursprünglich befürchtet.“ Will der Nutzer eines Elektrofahrzeuges das künftige Verwertungsrisiko nach einigen Jahren nicht selbst tragen, entscheidet er sich eher für ein Operating Leasing mit garantierten Restwerten. Diesen Trend stellt Roland Leitner von der Porsche Bank fest: „Auf diese Weise können Kundinnen und Kunden Verwertungs- sowie Technologierisiko auslagern.“

Roland Leitner, Porsche Bank
Roland Leitner, Porsche Bank

Diesel ist riskanter

Daniel Hammer, der frühere Tesla Österreich Chef und jetzige Head of Operations von vibe, sieht das Verwertungsrisiko eines Dieselfahrzeugs aufgrund von Fahrverboten und Einfahrtsbeschränkungen mittelfristig weitaus riskanter: „Nach unseren Analysen, die auf dem größten BEV-Pkw-Fuhrpark Österreichs basieren, den wir mittlerweile vorweisen können, sind die Gesamtbetriebskosten eines Elektrofahrzeugs über dessen Lebensdauer deutlich niedriger als die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Unsere umfangreichen Daten und Erfahrungen ermöglichen es uns, die Restwerte sehr genau zu kalkulieren und effizientere Verwertungsstrategien zu entwickeln.“ Einig sind sich die Finanzierungsexperten, dass sich der Verwertungsprozess für E-Fahrzeuge nicht von dem Verwertungsprozess bei Verbrennern unterscheidet. Wie bei allen Fahrzeugmodellen sei es auch bei E-Fahrzeugen wichtig, die technologische Weiterentwicklung, anstehende Modellwechsel sowie die Marktgängigkeit richtig einzuschätzen. Raika Leasing-Chef Eggner sieht bei E-Fahrzeugen allerdings das Risiko, „dass die Konsumentennachfrage mit dem steigenden Volumen an Firmenfahrzeugrückläufern nicht Schritt hält. Daher auch die Forderung des Leasingverbandes und des Arbeitskreises der Automobilimporteure an die Politik, Förderungen für elektrische Gebrauchtwagen für Konsumenten einzuführen.“

E-Autos am Gebrauchtwagenmarkt

Ebenso wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren repräsentieren auch Elektroautos nach einigen Jahren der Nutzung noch einen gewissen Wert. Wie aber gehen Leasinggesellschaften und Auto-Abo- Anbieter mit gebrauchten E-Fahrzeugen um? Der in Wien ansässige Anbieter von Auto-Abo-Modellen vibe ist ausschließlich auf E-Mobility spezialisiert. „Rückläufer aus unseren Abonnements werden gründlich geprüft und über unser revibe-Angebot als gebrauchte E-Autos zu günstigeren Konditionen und fixen Laufzeiten angeboten“, so Hammer. Hinsichtlich Finanzierung und Nutzungsdauer eines E-Fahrzeuges wollen Private und Unternehmerkunden maximale Flexibilität. Das Auto-Abo habe trotz der nun akzeptablen Lieferfähigkeit der Fahrzeughersteller einen soliden Platz im Markt gefunden, so Eggner: „Kunden wollen sich nicht in allen Fällen für zumindest 24 Monate binden, ab denen Leasing bzw. Fullservice-Leasing Sinn macht. Mit unserem `Langzeitmietmodell´ ist ein Firmenwagen sofort verfügbar und sogar täglich künd- und abrechenbar.“ Die Porsche Bank reagiert auf die Flexibilitätswünsche ihrer Kunden mit tageweiser Autovermietung, sharetoo Autoabo für mehrere Monate sowie sharetoo Carsharing etwa in Kooperation mit WienMobil.

Private Nutzung

Bei der flexiblen Finanzierung ihrer E Flotte spielt für viele Unternehmen auch die private Nutzung des E-Autos durch ihre Mitarbeiter eine große Rolle. Gehaltsumwandlungsmodelle stehen daher hoch im Kurs bei Firmen, die ihre Mitarbeiter stärker binden wollen. Da derzeit kein Sachbezug bei der privaten Nutzung von E-Firmenfahrzeugen anfällt, ist das für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine win-win-Situation. Mitarbeiter können aufgrund von Steuervorteilen für deutlich weniger Kosten ein Fahrzeug nutzen, als wenn sie dieses Fahrzeug privat kaufen und betreiben müssten. Gerade beim bestehenden Arbeitskräftemangel kann sich ein Unternehmen mit einem solchen Angebot deutlich attraktiver darstellen.  Die Bereitstellung von Elektrofahrzeugen als Gehaltsbestandteil fördere auch die Akzeptanz und Verbreitung von E-Mobilität und positioniere Unternehmen als umweltbewusste und zukunftsorientierte Arbeitgeber, ist vibe-Chef Hammer überzeugt. (A. Tempelmayr)