Batterietechnologie
Neue Akkus am Start
Ein Drittel aller in China verkauften Neuwagen haben bereits einen Stecker, sind also reine Stromer oder Hybridvarianten. Tendenz stark steigend. In Europa wird politisch alles daran gesetzt, um E-Autos in den Markt zu drücken, die Verbrenner sind angezählt. Auch wenn E-Autos aus deutlich weniger Teilen bestehen, gibt es maßgebliche Unterscheidungsmerkmale. War es beim Verbrenner die Frage ob Diesel oder Benziner, ist es beim Stromer die Frage, welche Akkutechnologie im Rumpf sitzt. Derzeit dominiert der Lithium-Ionen-Akku. Doch andere Technologien versuchen mitzumischen, allen voran Natrium-Ionen-Akkus und Lithium-Eisenphosphat-Batterien. Wie so oft gibt es derzeit nicht die eine Akkutechnologie, die alles kann: Hohe Energiedichte, hohe Ladeströme, hohe Zyklenfestigkeit, schwer entflammbar, und das alles bitte noch zum günstigsten Preis bei 100 Prozent Recyclingquote und leicht zugänglichen Rohstoffen. Würde all das in einer Technologie vereint werden, hätte die E-Mobilität auch keine Kritiker mehr. Fakt ist aber: Jede Akkutechnologie hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Diese gilt es genau abzuwägen, um für den jeweiligen Einsatzzweck die beste Technologie auswählen zu können. Im E-Auto gibt es jedoch massive Zielkonflikte: Einerseits soll die Reichweite so groß als möglich, das Auto aber für die Masse billig in der Anschaffung sein. Das geht sich mit Stand heute so nicht aus! Verschiebt man aber die Ziele in die eine oder andere Richtung, können alternative Akkutechnologien bereits heute spannende Vorteile bieten.
Marathon statt Sprint
Eine Faustformel lautet: Je größer der Akku, desto größer die Reichweite. Aber auch: Desto höher der Preis. Warum hat eigentlich der Lithium-Ionen-Akku derzeit so eine dominante Position? Wir fragen Forscher Marcus Jahn nach, Head of Competence Unit Battery Techologies beim Austrian Institute of Technology (AIT), und ein echter Kenner der verschiedenen Batterietechnologien. „Die Lithium-Ionen-Technologie, die wir derzeit verwenden, kennen wir seit Anfang der 1990er Jahre. Inzwischen konnten wir die Zellen aber deutlich leistungsfähiger machen. Trotzdem: Wir operieren bei dem Batterietypus bereits nahe am physischen Limit. Wesentliche Sprünge werden wir hier nicht mehr erwarten können.“ Lithium-Ionen-Batterien haben einige unbestreitbare Vorzüge: Sie bieten eine hohe Leistungsdichte, haben eine solide Lebensdauer von ca. 1.000 Ladezyklen und sind einigermaßen sicher zu bauen. Die Schattenseiten: Niedrige Temperaturen sind nicht so ihr Freund, das Recycling ist aktuell noch sehr teuer - weil komplex - und vor allem verbrauchen sie seltene Stoffe wie Nickel, Mangan und Kobalt. Ganz zu schweigen, dass der Lithiumabbau sehr umweltbelastend ist und die meisten Vorkommen in Südamerika und Australien bekannt sind, womit sich auch eine – wie der Forscher Jahn es nicht – „geopolitische Abhängigkeit“ eröffnet.
Preiswerte Alternative
Wird der Akku billiger, wird das ganze E-Auto günstiger. Daher wird intensiv an Alternativen geforscht. Hierbei gibt es aktuell zwei Technologien, die es eventuell – aus gewissen Perspektiven – mit dem Lithium-Ionen-Akku aufnehmen könnten: Die Lithium-Eisenphosphat-Batterie (kurz LFP) oder die Natrium-Ionen-Akkus. Beide Varianten haben wieder spezifische Vor- und Nachteile. Ford setzt bereits in machen Modellen auf den LFP-Akku, weil er laut dem Hersteller einen Preisvorteil von rund 15 Prozent offeriert. Weitere Vorteile: Hohe Zyklenfestigkeit, weniger temperaturanfällig, kommt ohne seltene Rohstoffe aus und ist nahezu 100 Prozent recyclierbar, lediglich das Elektrolyt muss entsorgt werden. Damit könnten LFP-Akkus den E-Auto-Einstieg erschwinglicher machen. Die Kehrseite: Die Energiedichte ist geringer, es braucht also mehr Zellen für die gleiche Reichweite wie beim Lithium-Ionen-Akku. Dadurch würde das Gewicht wieder steigen – und auch der Preis. Setzt man diese Technologie jedoch bei Fahrzeugen ein, die nicht die maximale Reichweite schaffen müssen, bieten sie einen klaren Kosten- und Umweltvorteil. Forscher Marcus Jahn beziffert den Unterschied in der Energiedichte mit einem Minus von rund 20 Prozent. „Hier sollte das Ziel nicht sein, den Lithium-Ionen-Akku 1:1 gegen den LFP-Akku zu tauschen, sondern die Technologie kann richtig eingesetzt eine preiswerte Alternative sein, wenn der Einsatzzweck entsprechend gewählt wird“, sagt der Forscher.
Natrium – Salz in der Suppe
In China machen derzeit die Natrium-Ionen-Akkus von sich Reden und genießen wachsenden Zuspruch. Auch AIT-Forscher Marcus Jahn kann den Zellen sehr positive Eigenschaften attestieren: „Der Natrium-Ionen-Akku wird seit rund sieben Jahren intensiv erforscht. Ursprünglich war die Technologie für den Stationärbetrieb gedacht, da sie attraktive Kosten pro Kilowattstunde erlauben. Weitere Vorteile: Natrium ist weltweit und leicht verfügbar, was die Kosten senkt. Außerdem lassen sich die Zellen exakt gleich herstellen wie Lithium-Ionen-Akkus, sogar auf den gleichen Produktionslinien. Es wird praktisch nur das Lithium durch Natrium ersetzt.“ Doch auch diese Zelle braucht einerseits seltene Rohstoffe bis auf das Lithium und kann nicht mit Lithium im gleichen Recyclingprozess integriert werden. Der Knackpunkt ist aber ein anderer: Die Energiedichte ist geringer, rund ein Viertel fehlt ihr auf die Lithiumzelle. Bedeutet: Der Preisvorteil wird wieder auf Kosten der Reichweite erkauft. Doch der Batterieforscher Marcus Jahn versucht zu erklären, warum diese Technologie nun trotzdem Potenzial hat: „Wir dürfen nicht vergessen, dass jetzt und in Zukunft die Nachfrage nach E-Autos deutlich ansteigen wird. Man braucht also rasch viele Akkus, und nicht jeder E-Auto-Nutzer braucht 700 Kilometer Reichweite. Hier kann der Natrium-Ionen-Akku ein guter Kompromiss aus Reichweite, Verfügbarkeit und Preis sein.“ Zum Abschluss unseres Interviews haben wir den Forscher gefragt, mit welchen Batterietypus wir mittelfristig, in den nächsten fünf Jahren, unterwegs sein werden. Die Antwort: „Der Lithium-Ionen-Typ wird bis dahin dominieren.“ Doch was danach kommt, sei aus heutigem Forschungsstand noch offen.
Akkutypen im Vergleich
Lithium-Ionen
+ hohe Energiedichte
+ solide Zyklenfestigkeit
+ weitreichend erforscht
- teuer
- ressourcenintensive Herstellung
- aufwändiges Recycling
Lithium-Eisenphosphat
+ preiswerter
+ sehr hohe Zyklenfestigkeit
+ weniger Temperaturanfällig
- geringere Energiedichte
Natrium-Ionen
+ Natrium ist viel und leicht zu beschaffen
+ dadurch preiswerter
+ auf Lithium-Ionen-Produktionslinien herstellbar
- geringere Energiedichte
- bis aus Lithium ähnlich ressourcenintensive in der Herstellung
- aufwändiges Recycling