„Der Leidensdruck ist nicht hoch genug!“
KFZ Wirtschaft: Herr Lanzerstorfer, welche Zwischenbilanz ziehen Sie für den Geschäftsverlauf des heurigen Jahres?
Werner Lanzerstorfer: Bisher mäßig. Die Auslastung in den Betrieben war schlecht. Dies hat im Jänner begonnen, sodann ist es etwas besser geworden, und Juni und Juli waren dann sogar sehr gut. Die ersten vier Monate waren aber de facto eine mittlere Katastrophe.
Werden die kommenden Monate die Rückgänge aus dem ersten Quartal kompensieren können?
Vermutlich nicht ganz. Wenn wir mit Jahresende im Pkw-Bereich das Resultat des Vorjahres erreichen, sind wir sozusagen mit einem blauen Auge davongekommen.
Im Privat- und im Flottenkundensegment ist es mäßig gelaufen?
Beide Segmente sind betroffen, weil schlicht die Schäden zurückgegangen sind.
Weshalb gehen die Schäden Ihrer Meinung nach zurück?
Zum einen liegt dies an der Gesamtfahrleistung, die kontinuierlich zurückgeht. Und auch an der Tatsache, dass das Automobil generell an Bedeutung verliert. Interessant ist auch, dass wir seit einigen Jahren merken, dass die Sommer in puncto Schadensaufkommen mittlerweile besser sind als die Winter. Daher wird sich das 2. Halbjahr positiv entwickeln.
Rückläufiger Markt, reiner Verdrängungswettbewerb. Wie schaffen Sie es, erfolgreich zu sein und zu bleiben?
Mit kontinuierlicher Marktbearbeitung und vor allem mit einem Top-Team, in dem es kaum eine Fluktuation gibt und das gut eingespielt und höchst motiviert ist. Und natürlich mit einem sehr guten Produkt. Wir merken das auch daran, dass wir doch jedes Jahr wieder viele Neukunden dazugewinnen. Sowohl bei Pkw-Reparaturen als auch im Nutzfahrzeug- und Industriesektor.
Welche Marktentwicklung beobachten Sie?
Der Markt ist – und ich bin jetzt seit 25 Jahren dabei – in den letzten zehn Jahren unentwegt zurückgegangen. In den ersten Jahren basierten die Rückgänge auf Technologieänderungen, auf besseren Produkten und höherer Deckfähigkeit. In den letzten Jahren haben wir die Rückgänge vor allem deshalb, weil die Auslastung in den Werkstätten geringer wird.
Wie wird’s sodann weitergehen?
Der Volumensrückgang wegen Technologierevolutionen ist erledigt, man kann aus den Produkten kaum mehr rausholen. Das Schadensaufkommen aber geht stetig zurück. Aus den vorher genannten Gründen. Ausnahmen sind natürlich lokale Wetterereignisse wie Hagel oder Sturmschäden. Aber auch hier beobachten wir, dass dann viele Fahrzeuge nicht mehr repariert, sondern von den Versicherungen sofort als Totalschaden bewertet werden. Dies hat aber auch damit zu tun, dass die Autofahrer vermehrt günstige Klein- und Kleinstwägen im Besitz haben, bei denen die Reparaturkosten den Fahrzeugwert fast schon übersteigen.
Wie groß ist Ihr Team zurzeit?
Wir haben 15 Mitarbeiter im Außendienst, sieben Techniker und zwei Vertriebspartner. Inklusiv Trainingszentrum, Depots und Verwaltung bemühen sich 37 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um das Wohl unserer Kunden.
PPG hat kürzlich das Kompaktsystem D8302 auf den Markt gebracht. Welche Vorteile bringt dieser Härter?
Der große Vorteil für unsere Kunden ist, dass sie mit einem Härter alle Bereiche vom Klarlack bis zum Füller abdecken können. Dies führt zu einer Reduktion von Komplexität. Zudem werden die Kosten in Bezug auf Lagerhaltung reduziert. Im gesamten Reparaturprozess wird nur ein Härter eingesetzt, was Zeit spart und Fehlerquellen minimiert. Das neue Kompaktsystem ist mit einer Vielzahl bestehender sowie neuer Lackmaterialien von PPG einsetzbar, somit muss der Lackierbetrieb überhaupt nichts umstellen. Wir haben mittlerweile nahezu alle unsere Kunden auf das Kompaktsystem umgestellt. Bis Ende des Jahres haben wir die Gesamtumstellung unter Dach und Fach.
Unter anderen setzen bereits Pappas Linz und Denzel auf Environbase HP von PPG in Kombination mit dem vollautomatischen Mischsystem Daisy Wheel.
Am Ende des Jahres werden wir insgesamt zehn Anwender haben, die damit arbeiten. Neben Pappas Linz und Denzel sind das zurzeit renommierte Betriebe wie die Firma Puck in Sankt Veit – einer der größten Lackierbetriebe Österreichs –, Auto Gerster in Vorarlberg oder die Firma Glonner in Kufstein.
Wie viele werden nächstes Jahr dazukommen?
Ich denke, dass wir wieder auf zehn kommen werden. PPG ist nach wie vor der einzige Anbieter, der ein vollautomatisches Mischsystem offensiv anbietet. Wir haben in diesem Bereich auch die meiste Erfahrung.
Wie sehen Sie die Zukunft des Lackierbetriebs?
Was wir immer predigen und in unseren Trainings schulen, ist effizientes Arbeiten. Dies ist technisch möglich. Der Leidensdruck ist aber bei manchen Betrieben nicht groß genug, als dass tatsächlich effizient gearbeitet werden müsste.
Welche Betriebe arbeiten effizient?
Je größer und vor allem je spezialisierter ein Betrieb ist, desto effizienter arbeitet er. 80 Prozent unserer Kunden sind freie Lackierwerkstätten. Diese müssen anders arbeiten als ein Autohaus mit angeschlossener Lackiererei, wo dieser Bereich manchmal noch immer stiefmütterlich behandelt wird. Obwohl viele sagen, dass die Lackiererei ein wichtiger Teil ist, um positive Ergebnisse zu erwirtschaften. Aber auch in diesem Bereich kommen die Renditen unter Druck.
Sie sind seit 2003 Geschäftsführer. Welche Bilanz ziehen Sie?
PPG Österreich hat in den vergangenen zehn Jahren den Umsatz und den Marktanteil mehr als verdoppelt. Wir leben Lack und sind mittlerweile der einzige Konzern, der ein reiner Beschichtungskonzern ist. Ich denke, da haben wir schon einiges richtig gemacht. Mein Dank gilt hier unseren Mitarbeitern und natürlich unseren treuen Kunden.
Was war der größte Einschnitt?
Unsere Branche ist im Grunde eine sehr konservative. Revolutionen finden de facto in Dekaden statt. Eine Zäsur war mit Sicherheit der Wasserlack. 1992 haben wir den erstmals vorgestellt. Es hat gute zehn Jahre gedauert, bis der Wasserlack am Markt wirklich gegriffen hat. Dies war mehr vom Gesetz getrieben als von der Bereitwilligkeit der Verarbeiter.
Früher hat’s immer geheißen, der Deutsche und vor allem der Österreicher ist sehr heikel und akzeptiert – im krassen Gegensatz zum Amerikaner keinerlei Kratzer an seinem Auto. Ist das noch so?
Da hat sich einiges verändert, weil sich die Prioritäten verschoben haben. Es gibt einen Wertewandel, vor allem bei jungen Autobesitzern und Familien. Smartphones, Tablets und Ausgaben für die Freizeit haben an Bedeutung gewonnen, das Auto hat verloren. Auch hier gilt: Je näher man zum urbanen Raum kommt, desto weniger stören die Autofahrer Kratzer oder kleine Dellen. Die Leute haben aber auch schlichtweg weniger verfügbares Geld.