„Wir dürfen uns nicht als reine Schrauber abkanzeln lassen“

Bundesinnung
14.03.2022

Roman Keglovits-Ackerer, Bundesinnungsmeister Fahrzeugtechnik, erklärt, wie er die Interessenvertretung aufstellen möchte und was die E-Mobilität für die Branche bedeutet.
Roman Keglovits-Ackerer
Bundesinnungsmeister Roman Keglovits-Ackerer blickt durchaus zuversichtlich in die Zukunft.

KFZwirtschaft: Herr Keglovits-Ackerer, Sie haben tiefe Einblicke und stehen in ständigem Kontakt mit zahlreichen Betrieben: Wie geht es Ihrer Einschätzung nach unserer Branche im Jahr 2022? 

Roman Keglovits-Ackerer: Das Umfeld ist herausfordernd. Bei vielen, vor allem größeren Betrieben, ist Kurzarbeit immer noch ein Thema. Wer mit Fahrzeugen handelt, ist auch mit den Lieferengpässen der Hersteller konfrontiert. 

Aber immerhin hatten Werkstätten auch in den Lockdowns offen …

Ja, das stimmt. Und im Vergleich zu manch anderen Branchen dürfen wir eh nicht klagen. Aber trotzdem haben auch wir die Pandemie zu spüren bekommen. Die jährliche Kilometerleistung ist durch Lockdowns und Homeoffice zurückgegangen. Und auch die Rückgänge bei den Neuzulassungen spürt man in der Werkstatt. Denn jedes verkaufte Auto beschäftigt einen durch die gesamte Aufbereitung etwa 1,5 Stunden und trägt zur Auslastung der Werkstatt bei. Obendrein gibt es einen Trend dahingehend, dass kleinere, billigere Fahrzeuge nach einem Unfall oft nicht mehr repariert, sondern gleich als wirtschaftlicher Totalschaden eingestuft werden. 

Sie haben im Herbst 2021 die Funktion des Bundesinnungsmeisters Fahrzeugtechnik von Josef Harb übernommen. Was sind Ihre langfristig wichtigsten Ziele?

Ich möchte dazu beitragen, dass die Landesinnungen noch enger zusammenarbeiten. Da wurde in der Vergangenheit schon viel erreicht, aber das müssen wir weiter forcieren. Wir müssen länderübergreifend agieren, um die Herausforderungen der Zukunft meistern zu können. 

Was wurde bzw. wird dafür konkret getan?

Wir sind im ständigen Austausch mit den Landesinnungen. Durch die Strukturreform mit der Schaffung unserer Kompetenz-Center können wir die wichtigsten Themen herausfiltern und die Kompetenzen aller Bundesländer bündeln. Dadurch verhindern wir, dass wir uns verzetteln und behalten einen Fokus auf das Wichtige. Im Bereich Mitgliederservice optimieren wir derzeit gerade die Kommunikation. Mit einem neuen Podcast und einem neuen Newsletter-System können wir schneller und direkter Informationen zu den Mitgliedern tragen. 

Sie haben zuvor die Herausforderungen der Zukunft angesprochen. Viele Werkstätten fürchten durch die Wende zur E-Mobilität Umsatzeinbußen. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Es stimmt natürlich, dass klassische Servicearbeiten wie der Ölwechsel bei E-Autos wegfallen. Aber dafür tun sich neue Bereiche auf. Es gibt beispielsweise Stimmen, die meinen, dass der Isolationswiderstand bei E-Fahrzeugen aus Sicherheitsgründen regelmäßig geprüft werden müsse. Es gibt auch einen hohen Bedarf an Information und Beratung rund ums E-Auto. Zum Beispiel rund um das Thema Ladeinfrastruktur, Batterien oder auch das Thema Förderungen. Das bringt uns zusätzliche Arbeit und wieso soll so eine Beratung nicht auch etwas kosten? Es gibt Informationsbedarf bei den Kunden und damit auch die Chance auf zusätzliche Kundenbindung. Ich denke, wir sollten nicht jammern, sondern diese Herausforderungen annehmen und die neuen Chancen nutzen. 

Der klassische Schrauber ist dann aber ein Auslaufmodell, die Anforderungen sind künftig ganz andere …

Also, eines darf man nicht vergessen: Die traditionellen Autos bleiben uns ja schon noch länger erhalten. Aber wir dürfen uns nicht als reine Schrauber abkanzeln lassen. Das sind wir ohnehin schon lange nicht mehr. Was wir in den vergangenen 20 Jahren gelernt haben, ist enorm. Wir sind schon lange keine reinen Schrauber mehr. Denken Sie nur an den Umgang mit den modernen Assistenzsystemen. Auch diesen Wandel hat unsere Branche mit Bravour gemeistert. Das stimmt mich zuversichtlich für die Zukunft. 

Trägt nicht auch die Reform der Aus- und Weiterbildung dem Wandel Rechnung? 

Ganz genau. Es geht darum, lebenslanges Lernen zu fördern und, auf einer soliden Grundausbildung basierend, Spezialisierungen zu ermöglichen. Wenn man sich die Entwicklungen anschaut, kann ich eines versprechen: Fad wird uns sicher nicht! Aber wie gesagt, man muss die Augen offen halten, neue Chancen erkennen und auch entsprechend nützen.