Mercedes 280 SL: Unschickliche Fehlzündungen

Diagnosekrimi
05.10.2016

Aktualisiert am 24.10.2023
Ein gepflegter Mercedes 280 SL aus 1968, der den Spitznamen „Pagode“ trägt, landet in der Werkstatt des Wiener Oldtimer-Spezialisten Andreas Mandl-Langhans. Das Problem: Im Stadt­betrieb fällt der elegante Oldtimer durch unschickliche Fehlzündungen auf. 
Schön, schlicht und schnell: der Mercedes 280 SL California, Baujahr 1968
Schön, schlicht und schnell: der Mercedes 280 SL California, Baujahr 1968

Die Einstellscheiben für das Zusammenspiel von Drosselklappe und ­Benzinpumpe sind heute nicht mehr zu bekommen. Oldtimer-Spezialist Andreas Mandl-Langhans ließ sie mittels Laserschnitt nachfertigen.
Die Einstellscheiben für das Zusammenspiel von Drosselklappe und ­Benzinpumpe sind heute nicht mehr zu bekommen. Oldtimer-Spezialist Andreas Mandl-Langhans ließ sie mittels Laserschnitt nachfertigen.

Der wunderschöne Mercedes 280 SL in der seltenen California-Ausführung stammt aus der Garage eines steirischen Unternehmers. Seine Tochter erbt das Schmuckstück und will mit dem zuvor selten bewegten Klassiker an Oldtimerveranstaltungen teilnehmen. Bereits auf den ersten Ausfahrten stellt sich jedoch heraus, dass der Sechszylindermotor immer wieder abstirbt und erst nach einer Abkühlphase von etwa 15 Minuten bereit ist, seinen Betrieb wieder aufzunehmen. Nach dem Besuch einer herkömmlichen Kfz-Werkstatt, die ihr nicht helfen kann, sucht die Besitzerin Andreas Mandl-Langhans auf, der als Spezialist für Oldtimer mit Sternzeichen gilt.

Ein klassischer Diagnosekrimi nimmt seinen Lauf:

  • Der 170 PS starke Sechszylindermotor wird von einer Sechsstempel-Einspritzanlage mit Benzin-Luft-Gemisch versorgt. Zuerst erneuert der Spezialist alle Verschleißteile der Zündanlage wie Unterbrecherkontakte, Kondensator, Verteilerkappe, Verteilerfinger und Zündkerzen. Danach stellt er den Zündzeitpunkt ein. Bei der Abgasmessung zeigt sich allerdings, dass der CO-Wert mit 10 Prozent deutlich über dem Sollwert von 3,5 Prozent liegt, das eingespritzte Gemisch also viel zu „fett“ ist. Trotzdem läuft der Motor rund, und die Kundin nimmt das Cabrio zur nächsten Oldtimerrallye mit.
  • Eine Woche später bringt sie den Klassiker erneut in die Werkstatt. Im Stadtverkehr war ihr aufgefallen, dass der Motor mit Fehlzündungen auf nur fünf Zylindern läuft und sich erst auf der Landstraße wieder „freibrennt“. Außerdem braucht er rund 30 Liter Benzin auf 100 Kilometer – nahezu das Doppelte des dem Modell entsprechenden Durchschnittsverbrauchs. 
  • Der Experte überprüft die Motorsteuerzeiten und stellt die Ventile ein. Außerdem überprüft er, ob die Typennummer der Benzinpumpe zu Motor- und Fahrgestellnummer passt, um Fehlfunktionen aufgrund eventuell früher verbauter falscher Ersatzteile auszuschließen. Dann justiert er die CO-Verstellschraube und verschließt zwecks Überprüfung das Kaltstart-Einspritzventil. Fazit: Keine Verbesserung der hohen CO-Werte, das Gemisch ist immer noch viel zu fett.
  • Die Kundin nimmt das Auto wieder mit, fährt erneut auf eine Oldtimerrallye und bringt das Auto dem Mechaniker ihres Vertrauens wieder zurück. Mittlerweile hat dieser ein Spezialwerkzeug aus dem Fundus eines pensionierten Mechanikers nachfertigen lassen, da es bei Mercedes nicht mehr zu bekommen war. Mit den beiden Einstellscheiben lassen sich die Drosselklappe und die Benzinpumpe, die über ein kompliziertes Gestänge miteinander verbunden sind, exakt aufeinander abstimmen. Mandl-Langhans erneuert also sämtliche Stangen und Kugelkopf-Gelenke der historischen Mechanik mit Original-Ersatzteilen und justiert diese genau nach den Vorgaben im Werkstatt-Handbuch. Und siehe da: Plötzlich werden Benzin und Luft im optimalen Verhältnis gemischt, der Motor schnurrt brav wie ein Kätzchen, und der Verbrauch liegt im Normbereich – Fall gelöst.