Interview Josef Puntinger

„Wir kämpfen für unser Pickerlsystem“

§57a
13.12.2023

Vor 53 Jahren legte Josef Puntinger die Meisterprüfung ab. Nun gibt der Autohaus-Inhaber und Wirtschaftskammerfunktionär seinen reichen Erfahrungsschatz weiter.
Autohaus-Inhaber und Wirtschaftskammerfunktionär Josef Puntinger kennt die Kfz-Branche wie kein zweiter.
Autohaus-Inhaber und Wirtschaftskammerfunktionär Josef Puntinger kennt die Kfz-Branche wie kein zweiter.

AUTOMOTIVE.AT: Herr Puntinger, Ihr traditionsreiches Autohaus in Leoben vertritt die Marken Fiat, Fiat Professional und Mitsubishi. Sie sind daher auch von der Einführung des Agentursystems im Stellantis-Konzern betroffen – wie gehen Sie damit um?

JOSEF PUNTINGER: Ich sehe diese Entwicklung gelassen und warte ab, wie sich das Agentursystem in der Praxis bewähren wird. Ich bin 1969 in das von meinem Vater gegründete Autohaus eingestiegen, und schon damals haben wir unsere Steyr-Fiat Pkw, Steyr Lkw und Puch Motorräder offiziell im Namen des Herstellers verkauft. Das war bereits eine Art unechtes Agentursystem, das erst mit der Einführung der Mehrwertsteuer 1973 vom Händlersystem abgelöst wurde. Jetzt schlägt das Pendel halt wieder in die andere Richtung aus. Ich bin schon so lange in der Branche, dass ich den Eindruck habe, dass sich alles wiederholt.

Wie beurteilen Sie die aktuelle technische Entwicklung im Fahrzeugbau, die von der Elektrifizierung dominiert wird?

Ich war sehr lange skeptisch, ob sich die Elektromobilität durchsetzen wird, doch heute gestehe ich ein, dass dieser Wandel wohl unumgänglich ist. Die Hersteller müssen ihren Flottenverbrauch senken, da sie sonst hohe Strafzahlungen riskieren. Aktuell steigt die Nachfrage nach Elektro- und Hybridfahrzeugen vor allem im städtischen Raum, wo die Ladeinfrastruktur bereits gut ausgebaut ist. Im Autohaus Puntinger, das ich 2006 an meine Tochter und meinen Schwiegersohn übergeben habe, sind wir beispielsweise mit den Verkaufszahlen des Fiat 500e sehr zufrieden.

In der Wirtschaftskammer hatten Sie zahlreiche Funktionen inne. Zuletzt leiteten Sie in der Bundesinnung Fahrzeugtechnik das Kompetenzzentrum Technik. Welche Aufgaben waren damit verbunden?

Meine erste offizielle Funktion in der Wirtschaftskammer übernahm ich bereits 1975. Dann bin ich durch alle Bereiche gegangen – vom Regionalstellenobmann über das Gremium des Fahrzeughandels bis zum Bundesinnungsmeister. 2016 wurde ich Leiter des Kompetenzzentrums Technik, in dem die Grundlagen für die §57a Überprüfung und den Mängelkatalog geschaffen werden. Wichtig ist mir darauf hinzuweisen, dass sich die Bundesinnung massiv für den Erhalt unseres „§57a Pickerlsystems“ einsetzt, das auf EU-Ebene immer wieder bedroht wird. Die §57a-Überprüfung wird immer komplexer und daher auch öfter evaluiert. Da müssen wir unbedingt dran bleiben. 2007 habe ich die Expertenkonferenz ins Leben gerufen, welche sich aus Mitgliedern der Autofahrerclubs, der Fahrzeughersteller und der Bundesinnungen Fahrzeugtechnik und Landmaschinentechnik zusammensetzt. Knapp vor der Covid-Krise starteten wir den §57a-Dialog, bei dem ein bis zweimal pro Jahr ein Austausch der Expertenkonferenz mit den Vertretern der Länderbehörden stattfindet. Vor kurzem habe ich die Leitungsfunktion des Kompetenzzentrums Technik an Thomas Marichhofer übergeben, den Landesinnungsmeister Fahrzeugtechnik in der Steiermark.

Sind die Werkstätten aus Ihrer Sicht bereits genügend auf den technologischen Wandel vorbereitet?

Die Erkenntnis, dass der Trend in Richtung Elektromobilität geht, ist mittlerweile in allen Betrieben angekommen, die Hochvoltausbildungsstufen HV1 und HV2 sind bereits im Lehrplan der Berufsschulen enthalten. Laut einer Untersuchung des ADAC ist der Instandsetzungsaufwand für Verbrenner und Elektroautos etwa gleich hoch, der Wartungsaufwand ist beim Elektroauto allerdings deutlich kleiner. Wir überlegen daher, welche neuen Services wir unseren Betrieben empfehlen können, damit sie einen eventuellen Umsatzrückgang wettmachen können. In Frage kommen beispielsweise regelmäßige Software-Updates, die vom Hersteller vorgeschrieben sind. In der Bundesinnung kämpfen wir dafür, dass die Fahrzeugdaten im Eigentum der Autobesitzer bleiben, damit sie auch weiterhin in die Werkstätte ihrer Wahl fahren können.

Nach so langer Zeit in der Automobilbranche – hat das Autofahren für Sie heute an Reiz verloren?

Keineswegs. Bevor ich in den Betrieb meines Vaters eingestiegen bin, habe ich die HTL absolviert und ein Maschinenbaustudium an der TU Graz begonnen. Mein erstes Auto, mit dem ich von Leoben nach Graz gependelt bin, war ein Fiat 600. Heute fahre ich einen Mitsubishi Outlander Plugin Hybrid – ein vernünftiges Fahrzeug mit ausgereifter Brückentechnologie unter der Haube. Das Auto, das mir in meiner langen Autofahrerkarriere sicher am meisten Spaß gemacht hat, hatte ich in den 1990er Jahren: Ein BMW 850i mit 12-Zylinder Motor.