Da drückt der Unternehmer-Schuh
Ohne Gewinn macht es keinen Sinn!“ lautet das Motto der diesjährigen Obereder-Unternehmertagung Ende November auf der Gersberg Alm in Salzburg. Rund 80 Kunden mit Begleitung finden sich ein, allesamt Autohaus- und Werkstattbesitzer. Die Vortragsreihe zielt ganz bewusst darauf ab, jene Themen zu erörtern, wo der Unternehmer-Schuh am grauslichsten drückt. Gleich zu Beginn macht Unternehmensberater Wolfgang Fuchs den Sprung ins kalte Wasser. Die zwei Kernfragen seines Vortrags: „Wo verdiene ich Geld? Wo verliere ich Geld?“ Es sei essenziell, genau das zu bestimmen – schonungslos ehrlich. Als Beispiel nimmt er die Gäste mit auf die Insolvenzreise einer Bäckerei. Ein echter Fall, den Fuchs begleitet hat. Dabei geht es um Betriebsübernahme eines veralteten Betriebs, Investitionsstau und unternehmerische Fehler. Etwas zu detailliert skizziert der Berater, in welchen Phasen welche Fehler von den Betreibern gemacht wurden. Rasch wurde klar, was Fuchs aufzeigen wollte, wie er uns im Gespräch erzählt hat: „Die Kfz-Branche hat ihre ganz speziellen Tücken. Der Neuwagenhandel hat ein Margenproblem bei gleichzeitig hohen Investitionen. Ohne Werkstatt ist es kaum noch zu schaffen. Und Betriebsübernahmen sind oft Wendepunkte in der Firmengeschichte.“ Woher kommen die Probleme in manchen Kfz-Betrieben? „Es ist selten nur eine Maßnahme, ein Problem. Aber gerade bei der Betriebsübernahme muss man sich fragen: Hat der Nachfolger das Format, um den Betrieb wirklich zu führen – auch wenn er aus der eigenen Familie kommt?“ Hier rät der Berater, keine Kosten zu scheuen und im Rahmen der Übergabe einen Status quo des Unternehmens von einem externen Spezialisten erstellen zu lassen. „Oft wissen die Übergebenden nicht, dass es beispielsweise einen Investitionsstau gibt bzw. die Nachfolger nicht, was sie eigentlich übernehmen“, so Fuchs. Die Kosten hierfür seien nicht all zu hoch, aber in Relation zum Risiko sei es kaum der Rede wert. „Die Betriebsübernahme ohne allen Fakten und Kennzahlen am Tisch, ist wie die Autofahrt mit kaputter Tankuhr. Man weiß nicht, wie weit man kommt. Jeder würde das sofort reparieren lassen. Die gleiche Sorgfalt gilt es den Kennzahlen des eigenen Unternehmens zu schenken.“
ZANKAPFEL MITARBEITER
Richtig lebhaft wird es im Konferenzraum als Barbara Weiss, Personalchefin der Denzel-Gruppe und Diane Freiberger, Vize-Rektorin der FH Kufstein, das Wort haben. Der Vortrag im Duo beschäftigt sich mit der Mitarbeiterfrage und ganz konkret geht es darum, dass „sich der Fachkräftemangel noch dramatisch verschärfen wird. Die demografische Entwicklung zeigt, dass sich fähige Arbeitnehmer in Zukunft aussuchen können, wo sie arbeiten.“ Freiberger präzisiert: „Die geburtenstarken Jahrgänge – die jetzt oft in Führungspositionen sind – gehen in den nächsten Jahren reihenweise in Pension. Es gibt schlicht zu wenig Nachfolger.“
Zwar könne man manche Stellen einsparen bzw. nicht nachbesetzen, aber der Mitarbeiterschwund sei zu radikal. „Dazu kommt, dass es den heutigen Berufseinsteigern nicht nur ums Geld geht. Sie wollen gehört, wertgeschätzt werden und stellen deutlich höhere Ansprüche an ihren Arbeitgeber. Es geht soweit, dass die Frage der Bewerber kommt: Was bieten Sie mir? Darauf müssen Sie sich schon heute einstellen und vorbereiten. Sonst wird es unfassbar schwer, zu guten Mitarbeitern zu kommen“, sagt Weiss. Die Denzel-Gruppe würde rund 8000 Bewerbungen im Jahr bekommen. Weiss führe pro Tag rund acht Bewerbungsgespräche. Trotzdem sei die Mitarbeiterfindung extrem schwierig. „Bei uns werden Führungskräfte auch nach Fluktuation bewertet. Selbst eine große Gruppe kann es sich heute nicht leisten, wenn zwei Verkäufer oder Kundendienstberater von heute auf morgen hinschmeißen“, sagt Weiss. Im Publikum kommt Unruhe auf. Aus verschiedenen Saalrichtungen hört man Zustimmung, aber auch Klagen darüber, wie dünn die Mitarbeiterdecke ist. Man wird das Gefühl nicht los, als würden die Unternehmer im Raum das Gefühl haben, abhängiger denn je von ihren Mitarbeitern zu sein. „Was sollen wir tun“, fragt eine Dame in die Runde. „Positionieren Sie sich glaubwürdig gegenüber Ihren Mitarbeitern. Beziehen Sie sie mit ein. Und zollen Sie ihnen Respekt“, rät Weiss. Vize- Rektorin Freiberger ergänzt: „Und vergessen Sie nicht ihre Mitarbeiter weiter zu entwickeln. Denn wenn Sie es nicht tun, entwickelt sich der Mitarbeiter aus dem Unternehmen.“ Harte Worte, die aber auf Gehör stoßen.
„Leistung zu verrechnen, ist auch immer eine Frage der richtigen Formulierung.“ GERHARD SAGMEISTER, BERATER
KURZWEILIG UND MAHNEND
Tag eins beendet Claus Fischer von der Münze Österreich mit einem launigen, unterhaltsamen Vortrag über Gold. Leider dürfen wir darüber nicht mehr berichten. Schwungvoll beginnt Tag zwei mit einem Vortrag von Michael Holub und Gerhard Sagmeister zum Thema Unternehmenskennzahlen. Holub erklärt: „Wenn die Kennzahlen nicht mehr stimmen, liegt die Ursache oft schon länger zurück.“ Gutgemeinte Ratschläge wie Polster bei der Preisauskunft und potenzielle Verrechnungsmöglichkeiten werden genannt. Die zweite hitzige Debatte entsteht: „Theoretisch kann ich alles Mögliche verrechnen, dann kommt mein Kunde aber nimma“ hört man. Ein klassisches Szenario: Der Experte oder Berater sieht anhand der Zahlen Potenziale für Mehreinnahmen, die unter dem Druck des Alltags laut dem Publikum kaum umsetzbar seien. Es kommt zum Austausch aller Teilnehmer, welche Leistungen man dem Kunden wie verrechnen könne. Es zeichnet sich ein Konsens ab: „Leistung zu verrechnen, ist auch immer eine Frage der richtigen Formulierung“, betont Sagmeister. Die Vortragsreihe beendet Gabriele Hausmann vom Institut für Management darüber, wie man richtig führt. „Merken Sie sich: everbody’s darling is nobody’s boss“. Führen heiße Entscheidungen zu treffen – auch wenn sie unpopulär und unangenehm sind. Als Chef müsse man klar definieren, welche Aufgaben habe ich und welche habe ich nicht. „Der Boss muss kein Experte sein“, sagt Hausmann, betont aber, „dass Delegieren eine Mehraufgabe ist, die eingeplant werden sollte.“ Außerdem solle man nicht den Fehler machen, Familienmitglieder im Unternehmern anders zu behandeln. „Am Ende muss man sich fragen: Leistet mein Blutsverwandter das gleiche wie ich es von einem anderen Mitarbeiter erwarte? Sollte die Antwort nein lauten, muss man als Führungskraft entsprechende Handlungen setzen.“ Und damit schließt sich der Kreis zum ersten Vortrag von Wolfgang Fuchs: Unternehmertum heißt Risiken eingehen, Risiken abwägen aber auch Anpacken und Entscheidungen treffen. Denn wer zulange untätig zusieht, oder alles so macht wie man es schon immer gemacht hat, dem droht ein böses Erwachen.