Werkstatt-Umfrage

E-Autos? Nicht mit mir!

30.07.2024

 
Eine aktuelle Studie des Ersatzteil-Produzenten Meyle zeigt: Jede fünfte freie Werkstatt ignoriert bei ihrer Zukunftsplanung die E-Mobilität.
Mit Blick auf die steigende Bedeutung von Stromern für den Umsatz gibt es in den nächsten Jahren noch hohen Qualifizierungsbedarf.
Mit Blick auf die steigende Bedeutung von Stromern für den Umsatz gibt es in den nächsten Jahren noch hohen Qualifizierungsbedarf.

Freie Werkstätten messen der E-Mobilität ganz unterschiedliche Stellenwerte bei. Während sich die einen bereits auf den Wandel im Wartungsgeschäft hin zu Elektrofahrzeugen vorbereiten, gehen andere gar nicht erst auf die Transformation der Automobilbranche ein. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die der Hamburger Ersatzteil-Produzent Meyle in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Innofact AG zwischen März und Mai 2024 durchgeführt hat. Insgesamt 274 freie Werkstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden zu ihren aktuellen und zukünftigen Herausforderungen sowie Chancen befragt. Die Studie ist Teil der Dialog-Plattform „Iam:Connect“, mit der Meyle 2024 stärker in den Dialog mit der Branche geht.

Elektrische Zukunft

Aktuell ist E-Mobilität für die meisten freien Werkstätten noch kein Business-relevantes Thema: Nur drei Prozent machen heute schon mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit Stromern. Das wird sich innerhalb der nächsten zehn Jahre grundlegend ändern: Etwas weniger als jede zweite Werkstatt (39 Prozent) plant in diesem Zeitraum, einen Großteil des Umsatzes mit Elektroautos zu machen. Das zeigt, die Trendentwicklung hin zu E- Mobilität passiert langfristig und erfolgt nicht so schnell, wie ursprünglich prognostiziert. Fakt ist aber auch: Der Bedarf nach Leistungen für Elektrofahrzeuge ist da. Kunden mit elektrifizierten Antrieben besuchen bereits heute regelmäßig freie Werkstätten. 40 Prozent der Befragten geben an, mindestens einmal bis mehrmals wöchentlich Elektroautos auf dem Hof stehen zu haben. Dabei sind Reifenwechsel aktuell noch das häufigste Anliegen (58 Prozent), gefolgt von allgemeinen Reparaturarbeiten (49 Prozent) und Bremsen-Service (38 Prozent).

Stufenweise Qualifizierung

Für die Reparatur von Elektrofahrzeugen ist eine stufenweise Qualifizierung vorgeschrieben, die sich in Allgemeine Arbeiten, Arbeiten im spannungsfreien Zustand und Arbeiten an unter Spannungen stehenden Hochvoltsystemen unterscheidet. Für die aktuelle Nachfrage nach vorwiegend allgemeinen Reparaturen sind die allermeisten Werkstätten gerüstet: 78 Prozent dürfen Stromer begrüßen. Allerdings dürfen davon nur eben ein Drittel diese allgemeinen Arbeiten durchführen, weitere 25 Prozent sind qualifiziert, im spannungsfreien Zustand zu warten. Nur jede fünfte Werkstatt darf ans Hochvoltsystem ran und auch unter Spannung stehende Bauteile tauschen. Mit Blick auf die steigende Bedeutung von Stromern für den Umsatz gibt es in den nächsten Jahren noch hohen Qualifizierungsbedarf. Das Bewusstsein dafür ist bei den befragten Werkstätten vorhanden: Zum Bedarf an Weiterbildungsprogrammen geben 70 Prozent an, dass Schulungen im Bereich der E-Mobilität für die Zukunft am wichtigsten seien. Zu den Einsichten aus der Studie zählt aber auch, dass es viele Werkstätten gibt, die sich auch zukünftig ausschließlich auf die Wartung von Verbrennern konzentrieren: Knapp jede fünfte Werkstatt (19 Prozent) plant, überhaupt keinen Umsatz mit Elektroautos zu machen.

Relevante Dienstleistungen

Die Digitalisierung ist längst auch im freien Aftermarket angekommen. Die Integration des „Internet of Things“ (IoT) in Fahrzeuge und die Nutzung von Echtzeit-Fahrzeugdaten bestimmt bereits heute viele Neueinführungen von OEMs. Freie Werkstätten müssen daher ihr Dienstleistungsangebot anpassen. Mit der höchsten Relevanz (83 Prozent) für das zukünftige Werkstattgeschäft wird die Wartung und Reparatur von Fahrassistenzsystemen bewertet. Drei Viertel der Befragten geben außerdem an, dass die Optimierung von Software zur Steigerung der Werkstattleistung sowie die Reparatur bzw. Wartung von Fahrzeug-Infotainmentsystemen zukünftig stark nachgefragte Anliegen sein werden. Auch das Thema Nachhaltigkeit sehen freie Werkstätten stärker auf sich zukommen: So vermuten sie, dass die umweltfreundliche Entsorgung beziehungsweise das Recycling von Autobatterien die zweitwichtigste Dienstleistung (77 Prozent) der Werkstatt der Zukunft sein wird.

Wünsche an die Partner

Freie Werkstätten brauchen Unterstützung, um Dienstleistungen auch in der Zukunft anbieten zu können. Dabei setzen sie vor allem auf Ersatzteilehersteller: 64 Prozent der Befragten geben diese als wichtigste Partner an. Dicht gefolgt von Software- und Diagnosetool-Anbietern (58 Prozent) und Großhändlern (52 Prozent). Von Ersatzteileherstellern wünschen sie sich dabei insbesondere den Zugang zu Diagnosetools- und Reparaturleistungen (65 Prozent), die Bereitstellung von spezifischen Schulungen und Zertifizierungen (65 Prozent) sowie Online-Plattformen für technischen Support (60 Prozent). Neben Schulungen zu Elektro- und Hybridfahrzeugen wünschen sich Werkstätten (70 Prozent), Schulungen zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz (60 Prozent) und Fortbildungen zu neuen Service- und Kommunikationstechnologien (58 Prozent). „Genau solche Einblicke brauchen wir, um Herausforderungen und Pain Points der Werkstätten zu kennen, um unser Angebot darauf ausrichten zu können. Die Ergebnisse zeigen, dass freie Werkstätten, Lösungen jenseits der üblichen Teileherstellung benötigen, um zukünftig Schritt halten zu können“, sagt Michael Grimm, Innovation Manager bei der Meyle AG.